Der „Zettelkasten“ Obsidian gibt es bereits rund fünf Jahre. Bisher war die Lizenz jedoch eine Gratwanderung: Private Nutzung war frei, kommerzielle Nutzung kostenpflichtig. Das ist jetzt anders.
Vor einigen Tagen stand in einer dieser „ich habe etwas Geiles gefunden und schalte viel Werbung zum Artikel“-Webseiten eher als Randnotiz, Obsidian sei nun für alle frei nutzbar, eine Lizenz optional. Das weckte mein Interesse, denn Obsidian ist ein sehr ausgefeilter Zettelkasten. Die hier bereits erwähnten Joplin und QOwnNotes schlagen tendenziell in die gleiche Kerbe, bei Obsidian ist es allerdings runder und es kann mit einigen Funktionen aufwarten, die es deutlich herausragen lassen.
Als ich mich vor geraumer Zeit einmal mit Obsidian beschäftigt hatte, schied es für mich aus, weil es nur mit einem Log-in Daten in einer US-Cloud speichert – zumindest war das mein Eindruck. Ob es je anders war oder sich zwischenzeitlich geändert hat, ist akademisch: Nachdem die Lizenzänderung einen erneuten Besuch der Homepage meinerseits ausgelöst hatte, wurde das Programm schlagartig sehr interessant. Es ist weder ein Account noch ein Log-in erforderlich, die damit erfassten Daten können vollumfänglich auf dem eigenen Rechner bleiben.
Die Verwaltung der Notizen erfolgt in einer Dateistruktur auf der Festplatte, ein „vendor lock“ ist damit ausgeschlossen. Mittels Plug-ins kann eine Nextcloud-Synchronisation nachgerüstet werden, was definitiv in den nächsten Tagen von mir näher untersucht wird. Momentan finde ich jedoch andere Dinge weitaus spannender:
- Es sind beliebig viele „Datentresore“ (»Vaults«) möglich, die unabhängig voneinander an verschiedenen Stellen abgelegt werden können. Das ermöglicht eine sehr einfache, DSGVO-konforme Datenablage für Projekte verschiedener Kunden.
Die Projekte werden so strikt getrennt, dass für jedes eine individuelle Konfiguration der Plug-ins möglich, genauer: nötig ist. Eine Standardkonfiguration lässt sich dennoch mühelos auf weitere Ordner übertragen. Was gleichermaßen eine einfache und schnelle Individualisierung passend zum jeweiligen Projekt ermöglicht.
- Bei der Suche werden
und
sowieoder
, sogar Kombinationen und Klammern unterstützt. Eine Funktionalität, die mir sowohl in Joplin als auch QOwnNotes sehr gefehlt und zu einem kleinen, selbst programierten Helferlein geführt hat. - Die von Obsidian generierte und in Artikeln gern gezeigte Graphansicht, die laut des jeweiligen Autors1 als „Ideenfinder“ hilfreich sein soll, ist – für mich – ein eher störendes Gimmick, das ich gleich zu Anfang deaktiviert habe. Was glücklicherweise mühelos möglich ist.
- Obsidian hat – für mich – die aufgeräumteste, professionellste Oberfläche aller von mir für diese Aufgabe bisher angesehenen Programme.
Der einzige Wermutstropfen ist der Electron-Unterbau. Es will nur widerstrebend in meinen Schädel, dass ein Editor rund 300 MB Speicherplatz belegt, weil er seine komplette Entwicklungsumgebung mitbringt.
Gegenüber Mitbewerbern, die genauso üppig daher kommen, ist der Funktionsumfang von Obisidian – soweit ich das bisher erfassen konnte – allerdings deutlich üppiger.
Nachdem erst vor Kurzem alle Mitbewerber von meiner Festplatte geflogen sind, weil mich gleich mehrere Dinge genervt haben, hat Obsidian, nach aktuellem Stand der Dinge, gute Chancen, dass er installiert bleiben darf und verwendet wird. Mit den angebotenen optionalen Lizenzen (auf der Seite etas herunterrollen, zuerst wird ein Cloud-Service angeboten!) ist eine Projektunterstützung zu fairen Konditionen möglich.