Aus einem konkreten Anlass und purer Neugier habe ich mir ein eInk-Tablet gekauft. Es kam Samstag morgen, das Wochenende hatte daher Struktur.
Die nachfolgenden Bilder entsprechen der Darstellung auf dem Nova 3. Die mit dem dort integralen Screenshot- und Videoaufzeichnungswerkzeug erstellten Dateien sind „farbig“, trotz der Graustufen-Darstellung auf dem eInk-Display.
Ich muss einräumen, dass diese Übersicht eine „freundliche Zusammenfassung“ vieler Stunden des Ausprobierens und Suchens nach Quellen und Antworten darstellt. Dass es überhaupt dazu kam, ist mehrerer Faktoren geschuldet, die ich nachfolgend kurz anreißen will.
Einstiegshindernisse beim Start
Die grottenschlechte Übersetzung der Systemoberfläche ist sehr bedauerlich, sie erschwert den Zugang zum Produkt völlig unnötig. Doch es ist noch „Luft nach unten“. Die Online bereitgestellte (englischsprachige) Dokumentation ist lückenhaft mit ,,großzügigem Interpretationsspielraum“ verfasst. Es drängt sich die Vermutung auf, diese Aufgabe sei einem Auszubildenden in der ersten Arbeitswoche oder dem Hausmeister zugefallen. Das auf dem Tablet aufrufbare Dokument ist deutlich besser. Das habe ich leider erst später und zufällig bemerkt.
Mag es anfangs noch amüsant sein, wenn einige Begriffe „überraschend“ übersetzt sind, so ist es beim Erlernen der Oberfläche und der Bedienung ärgerlich und vor allem zeitraubend.
Warum ich das Teil behalten habe statt es postwendend zurück zu schicken?
Weil es trotzdem ziemlich geil ist.
Display
Mir fehlen die Vergleichsmöglichkeiten mit anderen aktuellen eInk-Displays. Doch das des Nova 3 ist – für mich – bestechend. Trotz der üblichen Graustufen lassen sich darauf sogar Videos erkennbar und flüssig ansehen. Für jede Anwendung können individuelle Anzeige-Einstellungen vorgenommen werden, die der jeweiligen Anforderung angemessen sind. Davon unabhängig kann mit den jederzeit erreichbaren System-Einstellungen diese Einstellung überschrieben werden. Wobei mir noch unklar ist, ob das temporär oder dauerhaft ist und welche Wechselwirkungen es gibt.
Die Farbe und Helligkeit der Hintergrundbeleuchtung lässt sich sehr fein ein- oder komplett ausstellen. In einigen Kommentaren wird eine ungleichmäßige Ausleuchtung beklagt. Bei meinem Gerät kann ich keinen der geschilderten Effekte entdecken.
Stifteingabe
Das hatte ich in der Vergangenheit sporadisch ausprobiert. Das „GBOARD“ bietet in Android „von Haus aus“ diese Funktion bei „geeigneten Geräten“ an. Bei den deutschen Satzzeichen tut sich die Erkennung weiterhin schwer, wobei sie (auf einem Samsung-Tablet, gerade ausprobiert) mittlerweile manierliche Ergebnisse liefert. Im direkten Vergleich kann die integrierte Texterkennung die des GBOARD in der Erkennungsrate (bei meiner Handschrift) doch merklich den Rang ablaufen. Dabei erscheint mir die gewählte Eingabeform eines beschreibbaren Feldes angenehmer als der fortlaufende Text im GBOARD. Mittlerweile kombinierte ich die Eingabe der internen Erkennung mit denen GBOARD für die Nachbearbeitung. Das geht sehr „fluffig“.
Formatfreiheit
Die typischen E- Reader legen Nutzende üblicherweise auf sein favorisiertes Format fest. Soweit überhaupt möglich, können vorhandene Dokumente in anderen Formaten nur nach einer mehr oder weniger Inhalts-wahrenden Umwandlung in ein „bordeigenes" Format genutzt werden – zuzüglich eines teilweise recht abenteuerlichen Transfers auf den Reader. Der Nova 3 liest von Haus aus mit seinem integrierten Reader sogar DOCX-Dokumente (leidlich). Der Transfer erfolgt mit einem Von Onyx angebotenen Push-Dienst oder ganz profan mit einem USB- Kabel. Damit wird das Tablet am PC als „Festplatte“ erkannt, was sowohl Datentransfer als auch -Sicherung sehr einfach macht.
Den Push-Dient ist für mich aus Datenschutzgründen unbrauchbar, da die Server dafür wahlweise in China oder den USA stehen. Daher habe ich keinen a Onyx-Account eingerichtet. Was für die Nutzung des Tablets völlig unkritisch ist.
Wer auf eine vertraute Nutzungsumgebung Wert legt, kann sich die jeweilige App installieren, denn mit Android 10 als Betriebssystem ist es kein Problem, sich aus dem bekannten Fundus zu bedienen. Dafür ist die bei Google übliche Zwangsanmeldung bei einem Google-Account für den vorher explizit freizuschaltenden(!) Play-Store erforderlich. Alternativ kann mit F-DROID das dort angebotene Sortiment „Google-frei“ genutzt werden.
Reader + ausdauerndes Android 10
Sehr coole Navigationsidee: Der Navigationsball. Weil es keine Maus gibt, ist nur „Finger-Interaktion“ im Video sichtbar, das auch ein paar „Systemfenster“ zeigt.
ist „das“ schlagende Argument für die Onyx-Produkte. Genau genommen sind es zwei Tablets in einem. Ein eInk-Reader und ein Android-Tablet. Letzteres hat auf den ersten Blick den vermeintlichen Nachteil eines „Grau“ - Displays. Doch genau das war für mich ein wichtiger Grund für die Anschaffung. Alle mir bekannten (und bezahlbaren) Tablets versagen „draußen“. Jedenfalls, wenn Sonne ins Spiel kommt. Das können bessere bis zu einem gewissen Grad mit einer starken Beleuchtung kompensieren. Doch das geht entsprechend dramatisch zulasten der Laufzeit. Hier spielen eInk-Displays ihre Stärke aus: Je mehr Sonne, desto besser ist der Kontrast und damit die Lesbarkeit, die Beleuchtung ist für die Situationen, in denen üblicherweise Licht benötigt wird: im Dunkeln.
Trotz aktivem Bluetooth und WLAN läuft das Nova 3 nun schon seit drei Tagen intensiver Nutzung mit der ersten Akkuladung. Wenn die Anzeige dafür einigermaßen funktioniert, wird es mindestens noch weitere drei Tage damit laufen. Der Akku ist noch halb voll.
Der konkrete Anlass
Ich saß letzte Woche mit meinem Laptop „draußen“. Es war kein sonderlich sonniger Tag, doch es „hell“, flüssiges Arbeiten praktisch unmöglich: Entweder „blind“ schreiben, oder Display so halten, dass etwas darauf erkennbare ist. Da pöppte eine bereits vor einem Jahr kurz verfolgte Idee auf, ob das mit einem eInk-Display womöglich eine leicht lösbare Herausforderung wäre.
Der ursprüngliche Ansatz eines eink-Zweitschirms wurde damals aufgrund der Kosten für einen gelegentlichen Einsatz verworfen. Dass es mittlerweile hybride Lösungen wie den Nova 3 gibt, war bis dahin unbemerkt an mir vorübergezogen. Doch Dank Android und Bluetooth erschien es den Versuch wert, den Nova 3 mit einer Tastatur zu kombinieren und so neben einem Sonnentag-tauglichen Texterfassungssystem zusätzlich ein ebenso in hellem Licht nutzbares, jedoch gegenüber Tablet und Laptop kompakteres Lesegerät zu erwerben.
Fazit bis hier
Grundsätzlich geht der Plan auf.
- Das Schreiben mit Tastatur am Nova 3 geht vorzüglich, inklusive Lesen des Textes.
- Der integrierte Browser (oder der installierte „Vivaldi“) ermöglichen perfektes aktuelle Nachrichten lesen bei direkter Sonneneinstrahlung und im Schummerlicht mit angepasster Beleuchtung.
- PDF-Dateien lassen sich ohne Umwandlung 1:1 vernünftig lesen, Bilder werden adäquat in Graustufen dargestellt.
- Die Schrifterkennung ermöglicht „kompakte Datenerfassung“ mit erheblich größerer Geschwindigkeit als ich es jemals mit der Mäuse-Tastatur unter Android geschafft habe.
Wobei ich überrascht war, wie gut es mit den Bildschirmtasten auf dem Nova 3 funktioniert, mit Stift und integrierter Texterkennung bin ich – trotz „Sauklaue“ – dennoch signifikant schneller. - Die für mich wichtigen „Übergabepunkte“ »Joplin« und »NextCloud« lassen sich problemlos darauf installieren und nutzen.
Ausblick
Von konkreteren Beschreibungen habe ich in diesem Artikel bewusst abgesehen, weil ich „auf dem Weg“ bereits einige vermeintliche Erkenntnisse wieder verworfen oder zumindest zu überprüfen habe: Es gibt noch einiges heraus zu finden.
Versuchsweise habe ich die Systemsprache auf Englisch umgestellt, weil ich wissen will, ob das ebenso unverständlich ist, wie diverse Erläuterungen auf Deutsch. So ist jetzt zumindest klar, dass »Jahrgang« eigentlich »Lautstärke« heißen müsste, was jedoch beides für das englische. »volume« zutreffend sein kann – abhängig vom Zusammenhang. Oder sich das englische »collapse« als »Zusammenbruch« übersetzen lässt, wenngleich im Kontext einer Menüfunktion auf Deutsch eher »Minimieren« oder »Einklappen« dafür gebräuchlich ist. Damit vorgewarnt, sollte sich fast von allein erschließen, was mit »Stromeingabe-Methode« gemeint ist. In der englischen Oberfläche steht »current input method«…
Die Umschaltung hat jedoch den kleinen Schönheitsfehler, dass ich noch keinen Weg gefunden habe, die Rechtschreibkorrektur auf eine andere Sprache umzustellen. Was womöglich an der wilden Kombination meiner Erfassungsmethoden liegt. Da muss ich noch ein wenig experimentieren. Zumindest ist ziemlich viel konfigurierbar. Die Fülle der schlecht dokumentierten Möglichkeiten sind dabei eine echter Herausforderung.
»Auf sei Fortsetzung unter« wie »to be continued« mutmaßlich auf „Nova-Deutsch“ übersetzt würde.
Dieser Artikel wurde „gemischt“ in Joplin erfasst: Begonnen mit einer Bluetooth-Tastatur auf dem Nova 3, fortgesetzt mit dem Stift, auf dem PC damit an OffsiteEdit übergeben.
Die Screenshots wurden mit der Screenshot-/Scrennvideo-Funktion des Nova 3 erstellt und via NextCloud auf den PC transferiert.