Unser modernes Leben basiert auf Information. Immer, überall, sofort. Deshalb gibt es dafür viele Werkzeuge, doch bisher konnte mich keins überzeugen. Bisher.
In einem völlig anderen Kontext ist mir gerade bewusst geworden, dass ich schon seit über einem Jahr Joplin verwende. Das ist ein „digitales Notizbuch“. Derer gibt es wie Sand am Meer, mit diversen habe ich durchaus ernsthafte Schwimmversuche unternommen. Doch alle hatten mindestens einen, häufig gleich mehrere unerfreuliche Aspekte.
Der mit Abstand unerfreulichste war für mich, wenn rein Cloud-basierte Lösungen die Daten über den großen Teich schaffen, wo sie unter laxen Datenschutz-Bedingungen lagern. Wobei viele Anbieter in den Nutzungsbedingungen immerhin darauf hinweisen, dass sie es völlig normal finden, in meinen Dokumenten zu stöbern und mir darauf basierende „Empfehlungen“ auszusprechen.
Alle Daten müssen »DSGVO konform« speicherbar sein.
Eine für mich relevante Anforderung ist eine hybride Nutzbarkeit. Trotz fehlendem Internet muss eine Notiz-Anwendung meine Notizen entgegennehmen und diese – sobald es geht – mit der (eigenen, DSGVO-konformen) Cloud synchronisieren. Dabei muss sie gleichermaßen Daten integrieren, die zwischenzeitlich womöglich auf anderen Systemen gesammelt oder geändert wurden.
Notizen müssen sich ohne Internet erfassen lassen und sich automatisch synchronisieren.
Bei mehreren Geräten zählen für mich unbedingt neben mobilen Geräten mit Android und iOS1 old fashioned PCs dazu, für mich primär Windows, Linux ist ebenfalls „schick“.
Notizen müssen sich unabhängig vom Betriebssystem und Gerät erfassen, betrachten, bearbeiten und synchronisieren lassen.
Nach dieser langen allgemeinen Vorrede, mit der ich die diversen Fehlversuche ohne Namensnennung zusammenfasse, komme ich endlich zum Punkt:
Joplin erfüllt alle diese Anforderungen.
Doch Joplin geht in – für meinen Geschmack – sehr angenehmer Weise deutlich weiter.
Ich mag’s schlicht
Die Oberfläche ist kein „Hingucker“. Sie ist das, was ich von einem Werkzeug erwarte: funktional. Ich kann mir „Notizbücher“ anlegen und gruppieren, darin Notizen oder Aufgaben (mit Checkboxen) anlegen, Schlagworte vergeben, in allem suchen.
Die Texterfassung erfolgt mit Markdown, wahlweise in einem schlichten Editor- oder einem „WYSIWYG“2-Modus, für den ich eine eigene Stil-Vorlage (CSS) definieren kann. Wenn ich speziellere Bearbeitungsfunktionalität will, kann ich den Text per Tastenbefehl an einen Editor meiner Wahl übergeben und damit synchronisieren.
Ich könnte Bilder integrieren, Videos, PDF, kann Diagramme und Formeln generieren, … – alles cool, für mich schon mehr als normalerweise nötig. Ich habe es jedoch schon schätzen gelernt, dass es geht.
Was mich bei Joplin sofort angesprochen hat: Es gibt keine Assistenten an jeder Ecke, die mir erklären wollen, wie ich zu Arbeiten habe, mir werden keine Abläufe aufgenötigt, ich kann (bzw. muss) mir diverse Sachen nach meinen Anforderungen einrichten.
Für technisch Ahnungslose und solche, die gern von vorn bis hinten von Software gepudert werden wollen, oder ihre Arbeitsweise demütig einer dysfunktionalen, dafür stylischen Oberfläche unterordnen, ist Joplin – womöglich – weniger geeignet. Wer technisches Grundverständnis mitbringt und für die umfangreiche Dokumentation des Englischen mächtig ist, kann sich mit Joplin ein sehr individuelles, vor allem persönliches Informations-Werkzeug einrichten.
Ohne Installationsstress
Die Anwendung gibt es zum Herunterladen und benutzen. Ohne Anmeldezwang, ohne Datensammelei. Es gibt sogar eine portable Version, die auf einem USB-Stick verwendet werden kann. Oder in einem Verzeichnis, dass in der Datensicherung mit drin ist. Es ist daher kein aufwändiges Umbiegen oder Suchen von Pfaden nötig, wenn es um die Sicherheit der Daten auf dem eigenen Rechner geht.
Einrichten und Nutzen
Besonders charmant ist die mühelose Integration von Joplin in eine NextCloud. Verbindundskonfiguration eintragen und Joplin kümmert sich selbständig um die Synchronisation und Organisation der Daten. Das ging so verblüffend simpel, dass ich der Sache nur langsam über den Weg traute, Joplin anfangs lediglich just for fun und mit eher unwichtigen Daten befüllte. Nach den bis dahin gesammelten Erfahrungen konnte das unmöglich so einfach sein.
Wie oben beschrieben, lässt sich Joplin anfangs ohne Internet ausprobieren. Die in dieser Zeit erfassten Daten lassen sich synchronisieren, sobald dafür eine Verbindung eingerichtet wird. Bis dahin: Installieren (oder die portable Version starten) und verwenden. Geht einfach so, »out of the box«, wahlweise inkl. Musterdaten zum rumspielen.
Mittlerweile ist Joplin ein wertgeschätztes Werkzeug für meine Gedanken, Ideen, Notizen, … was einem so einfällt oder mal schnell notiert werden muss. Weil die Daten damit ohne Zusatzaufwand auf allen meinen Geräten verfügbar sind, verwende ich Joplin mittlerweile zunehmend sowohl für Privates, als auch Projekte und Berufliches.
Es gibt noch viel zu entdecken
Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich die Möglichkeiten von Joplin nur zu einem Bruchteil ausnutze, geschweige denn überhaupt kenne. Doch das ist ein weiterer schlagender Vorteil dieser Anwendung: Es ist egal!
Für die direkte Nutzung lag – zumindest bei mir – die Lernkurve flach auf dem Boden. Alles weitere „ergibt sich“ beiläufig, Joplin ermöglicht einen direkten, produktiven Einsatz mit hoher Flexibilität, mit der Aussicht, es sehr spezifisch für die eigenen Aufgaben zu verfeinern.
Das wurde mir gerade bewusst, als ich für diesen Artikel ein wenig in den Einstellungen gestöbert habe. Der Rest des Tages hat jetzt Struktur…
Links:
Das Bild der Joplin-Webseite nutze ich mit freundlicher Genehmigung von Laurent Cozic, dem „Mastermind“ der Joplin-Entwicklung.