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Eine Solaranlage mieten?

Erstellt: 12.08.2024 Lesedauer ~8:40 Min.

Aktuell wirbt ein Unternehmen sehr aggressiv damit, dass Strom bei ihm zum Schnäppchenpreis zu haben sei, wenn eine Solaranlage auf dem (eigenen) Dach bei diesem Unternehmen gemietet würde. 🤔 Geht das?

Wer sich die nachfolgenden Ausführungen zu eigen macht, tut das freiwillig und eigenverantwortlich. Das ist meine Meinung und Einschätzung, auf Grundlage verfügbarer Informationen von heute (s. Datum oben).

Aus einem Dach mit Solaranlage ragt ein Rohr, aus dem Dukaten in und neben einen LKW davor fließen. Darüber strahlt die Sonne, mit einem freundlichen Gesicht. 🔍
Die Solaranlage als „Dukatenscheißer“?
Wer wirklich am Ende die Taschen voller Geld hat, wird gut verschleiert.
Mit einer gemieteten Solaranlage auf dem Dach und zukaufbarem Strom vom Vermieter für 12 Cent/kWh kommt das Lachen bei der Stromrechnung zurück. Zumindest suggeriert das die Werbung.

Egal wie es gedreht wird, liegen 12 Cent/kWh deutlich unter den Erstellungskosten von Solarstrom. Zumindest aktuell. Ob das in absehbarer Zeit erreichbar ist, steht in den Sternen. Das entscheidende Detail steckt im vorangestellten Wort „ab“. Der beworbene Preis ist eine (undurchsichtige) Mischkalkulation, die von diversen Faktoren beeinflusst wird: Globale Ereignisse („Ukraine-Krieg“), Strom-Spekulanten, regulatorische Eingriffe durch Staaten, Nachfrage, Erstellungskosten, Netzentgelte, Werbekosten, u.a.

Für den Endverbraucher heißt das:

Was es wirklich kostet, steht erst auf der Rechnung.

Deshalb verdient dieses vollmundige Versprechen eine genauere Untersuchung.

Mietrahmen

Wer mietet, will oder kann sich keinen Kauf leisten. Das ist insbesondere bei kurz- oder mittelfristigen Dingen durchaus zweckmäßig.

Bei Solaranlagen ist die Anmietung von Dachflächen für die kommerzielle „Stromernte“ ein bereits etabliertes Verfahren. Relativ neu ist, den Dachbesitzern eine Solaranlage zu vermieten, die eigene Stromkosten mindern und zusätzliche Erträge erwirtschaften soll. Begleitet wird das Angebot von salbungsvoll altruistischen Werbebotschaften.

Doch am Ende wollen Vermieter mit dem Mietobjekt natürlich Geld verdienen. Wenn Investoren beteiligt sind, soll eine maximale Rendite entstehen. Da kommen die Mietenden ins Spiel.

Versteckte Risiken

Bei einer Solaranlage, die auf 20 Jahre projektiert ist, gibt es Aspekte, die der Vermieter bestenfalls in Nebensätzen erwähnt oder gute Gründe hat, sie für sich zu behalten.

Offensichtliche Voraussetzung für sein Angebot ist ein Hausdach. Das muss den Mietenden gehören, nur dann ist es vermietbar. Sobald es vermietet ist, stellt das in mehrfacher Hinsicht eine schwer einschätzbare Hypothek auf das Haus dar:

Bequem ≠ Günstig

Im freien Markt kann eine 10kW-Peak-Solaranlage mit Speicher und allem Zubehör (aktuell) ab ca. 15.000 € erworben werden. Ein dafür aufgenommener Kredit bei der Hausbank über 6 Jahre mit 3,7 % fest vereinbartem Zins lässt sich mit monatlich ca. 233 € in dieser Zeit abbezahlen. Das erfordert etwas Eigeninitiative.

Bei einem Vermieter kostet die Anlage 20.000 €, denn das bestimmt sowohl die für 20 Jahre unveränderliche, monatliche Miete, als auch den Kaufwert, falls Mietende vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen und die Anlage erwerben wollen.

In einer Modellrechnung ergibt sich ein Mietpreis mit fast der gleichen Monatsrate wie der Kredit – der allerdings nur sechs Jahre läuft und am Ende 16.776 € gekostet hat. Mit der errechneten Miete hat die Anlage nach 20 Jahren über 56.000 € gekostet und gehört weiterhin dem Vermieter. Dafür hat der sich (hoffentlich) um alles „drumherum“ gekümmert: Er bekommt dafür immerhin eine stolze Aufwandsentschädigung.

Bei der per Kredit erworbenen Anlage fallen wahrscheinlich Folgekosten an, z.B. für einen Speicheraustausch:

Strom vom Vermieter?

An Mietmodelle wird der Strombezug gekoppelt, mit dem der eingangs genannte kWh-Preis ermöglicht werden soll. Doch dieser bestmögliche Preis ist die Unterkante in einem dynamischen Stromtarif, der – lt. Anbieterwerbung – „die günstigsten Preise ermöglichen soll“.

Allen dynamischen Modellen ist gemein, dass deren Preise sich in beide Richtungen bewegen und im Stundentakt verändern. Speisen viele ein, sinkt der Strompreis, nachts oder bei schlechtem Wetter steigt er.

Dynamischer Tarife haben „Haken“:

Im Winter die Heizung ausschalten, weil die Preise für die Wärmepumpen-Versorgung durch die Decke gegangen sind und hoch bleiben (alle heizen!), ist keine ernsthafte Option. Was solche ungünstigen Rahmenbedingungen kosten, wird erst mit der Abrechnung sichtbar. Die kann hart einschlagen:

Wenn „smarte“ Verbraucher (Waschmaschine, Trockner, …) bei einem günstigen Strompreis gleichzeitig starten, steigt der Preis in der zweiten Stunde aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage sprunghaft an. Während die Maschinen im „Sparprogramm“ noch zwei, drei, vier Stunden laufen, wird dafür ein entsprechend höherer „Stundensatz“ beim Strombezug fällig. Wie korrekt dieser errechnet und abgerechnet wird, ist für Endverbraucher unmöglich kontrollierbar.

Der propagierte Vorteil, dynamische Tarife würden immer den günstigsten Preis nutzen, unterschlägt ein kostenrelevantes Detail: Damit ist der günstigste Preis für frei verfügbaren Strom gemeint. Im klirrkalten Winter mit wolkenverhangenem Himmel ist der nach den Regeln des Marktes über die gesamte Kälteperiode hinweg signifikant höher als bei einem Anbieter, der ein Lieferkontingent vorab vereinbart und dafür einen Preis ausgehandelt hat.

Strombezug bei einem Anbieter mit festgelegtem Preis ist für beide Parteien planbar. Im Mittel kann das erheblich günstiger sein. Es schützt zumindest vor „dynamischen Kostenspitzen“. Für eine festgelegte Zeit gibt es – trotz muckelig warmer Wohnung – keine Schnapp-Atmung am Monatsende.

Zusatzeinnahmen?

An diversen Stellen finden sich vage Aussagen über Zugewinne durch „Direktvermarktung“ oder „Prämien“ oder „Umsatzsteuer-Ersparnis“. Doch in welcher (berechenbaren) Höhe und ob diese „Zusatzgewinne“ einmalig oder regelmäßig erzielt werden können, bleibt „diffus“. Das vorangestellte „bis zu …“ deutet an: ein theoretischer Idealfall.

Im Unklaren werden viele Mietende bei der Umsatzsteuer gelassen. Die (vermeintlichen) Steuervorteile sind ein Taschenspielertrick: Das ist eine Verrechnung von Steuern in einer unternehmerischen Steuererklärung, die bei Umsätzen anfallen5. Für Privatleute ist die „Kleinunternehmerregelung“ mit erheblich weniger Aufwand verbunden. Dort fehlt diese Option. Für Solaranlagen unterhalb von 30 kW-Peak dürften die eingesparten Euros in keinem Verhältnis zum Aufwand für die dafür erforderliche, gewerbliche Steuererklärung stehen6.

Fragwürdige Rentabilitätsrechnungen

Alle Anbieter malen „dramatisch steigende Strompreise“ als wesentliche Grundlage für die Rentabilität an die Wand. Insbesondere zu Anfang des Ukraine-Kriegs war das ein erfolgreiches Szenario: Die Preise explodierten förmlich. Doch das war Geldschneiderei wie die variierenden Preise an der Tankstelle: Die Nachfrage regelt den Preis7. Zurückblickend haben die Stromanbieter die „Energie-Zuschüsse“ des Gesetzgebers zuzüglich „Panik-Aufschlag“ mit beiden Händen abgeschöpft und an die Aktionäre verteilt.

Tatsache ist: Die Preise sind zwischenzeitlich wieder deutlich gesunken. Je mehr Strom produziert wird, desto günstiger wird er (s. o.) zumindest in den produktiven Zeiten. Die Annahme, in den nächsten 20 Jahren würden die Strompreise kontinuierlich steigen, ist keinesfalls so gewiss, wie es für die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Solaranlagen-Anbieter zwingend nötig ist.

Die Strompreise müssten darüber hinaus sehr rasant steigen, damit die präsentierten Rechenmodelle funktionieren. Mit realistischeren Preissteigerungen gerechnet, ist es weit weniger dramatisch. Statt in vielen Modellen zugrunde gelegten 70 Cent (und mehr!) in wenigen Jahren, wird der Strompreis bei einer (großzügigen) Kostensteigerung von 5% erst in 18 Jahren 72 Cent/kWh kosten. Doch bis dahin kann noch vieles passieren, was diese Marke deutlich weiter nach hinten schiebt. Dazu kommt: Die Gehälter werden ebenfalls steigen…

Konkret gerechnet

  • Ausgehend von 0,30 € pro kWh8, einer Preissteigerung von jährlich 5% und gleichbleibendem Verbrauch von 2.500 kWh/Jahr , summiert sich das in 20 Jahren auf 24.799,47 €9.
  • Eine 10 kW-Peak-Solaranlage kann im Jahr ca. 10.000 kWh produzieren. Wird der Überschuss (idealisiert: 7.500 kWh) für (aktuell noch rund) 8 Cent/kWh eingespeist, summiert sich das in 20 Jahren auf 12.000 €.
  • Beim Kauf eine 10 kW-Peak-Anlage für 20.000 €, hat das in 20 Jahren (24.799,47+12.000-20.000=) 16.799,47 € weniger gekostet.
  • Wird die gleiche Anlage 20 Jahre lang für 240 €/Monat gemietet, hat das in 20 Jahren (240*12*20-12.000-24.799,47=) 20.800,53 € mehr gekostet.

Mein Fazit

Das Mieten einer Solaranlage ist unwirtschaftlich.

Den größten Nutzen stellt eine Solaranlage dar, die mir gehört. Neben dem direkten Einfluss auf die Erstellungskosten durch das Vergleichen verschiedener Angebote und Produkte lässt sich der Wirkungsgrad und Ertrag optimal an die eigenen Anforderungen und Rahmenbedingungen anpassen. Mit der dafür erforderlichen, überschaubaren Eigenleistung, lässt sich sehr viel Geld sparen.

Daher sollte sorgfältig abgewogen werden, ob die Anschaffung einer Solaranlage für den projektierten Zeitraum tatsächlich wirtschaftlicher ist und für eine optimale Nutzung mit den eigenen Lebensgewohnheiten in Einklang gebracht werden kann.

Eine ehrliche Berechnung des eigenen Strombedarfs und der möglichen Nutzung von selbst erzeugtem Strom muss unvoreingenommen dem bisherigen Strombezug von einem Versorger gegenüber gestellt werden. Der kann problemlos gewechselt und so der optimale Preis gewählt werden.

Eine Kombination aus beidem (Solaranlage für den Eigenbedarf, „Spitzen“-Abdeckung durch den jeweils günstigsten Festpreis-Anbieter) verursacht zwar etwas Aufwand, doch das damit gesparte Geld ist ein „steuerfreier Zusatzverdienst“.


Das Bild wurde mit der künstlichen Intelligenz des „Microsoft Designers“ erzeugt.

1Das ist es nämlich: Ein zweckgebundener, auf 20 Jahre gewährter Kredit. Zwar kann die Anlage vorzeitig erworben werden, doch der Rückkaufwert wird mit dem Mietvertrag festgelegt. Der tatsächliche Restwert wird absehbar deutlich darunter liegen.

2Lt. einer bemerkenswerten Anzahl diesbezüglicher Kommentare, ohne Prüfmöglichkeit des Wahrheitsgehalts.

3Die werden zunehmend „stinkig“, zumindest sind die vom Anbieter noch deutlich jenseits „vier Sternen“ zitierten Bewertungen mittlerweile unter „vier“ gerutscht.
Wie belastbar – sowohl zum Guten als auch zum Schlechten – öffentlich für alle zugängliche Bewertungen sind, steht auf einem anderen Blatt. Es gibt zumindest wiederholte Berichte, dass Anbieter unerwünschte Bewertungen entfernen lassen. Ob hinter Wertungen Kunden oder ein „Schreibknecht“ des Unternehmens oder eines Mitbewerbers steht, bleibt unklar.

4In Spitzenzeiten kann der kWh-Preis dann mühelos von „Cent“ zu „Euro“ wechseln.

5Kaufmännisch betrachtet sind „Gewinne dank Umsatzsteuer“ ein Hinweis auf mögliche Verluste: Die Ausgaben müssen dafür die Einnahmen übersteigen.

6Das Finanzamt wird – voraussichtlich – spätestens ab dem dritten Jahr bei Verrechnung der Miete mit der Umsatzsteuer der Einspeisevergütung wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht beenden.
Für einen bestehenden Gewerbebetrieb stellt sich das anders dar. Abhängig von Umfang und Art des Gewerbes, kann ein Nachteil entstehen!

7In über 40 Jahren „Sprit-basiertem“ Autofahren hatte ich nie den Fall, dass eine Tankstelle leer getankt war, wenn ich hinkam. Sogar während der „Öl-Krise“ in den 1970ern gab es (meines Wissens) keine Engpässe: Öl wurde halt teurer, war aber – zum von den Konzernen geforderten Preis – ausreichend verfügbar.

8Abhängig von regionalen Faktoren kostet Haushaltsstrom aktuell 25 – 42 Cent/kWh. Die in der Rechnung verwendeten 30 Cent unterstellen, dass Interessenten für Solarstrom proaktiv günstige Tarife wählen, die momentan unter 30 Cent/kWh angeboten werden.

9Kosten für Zählergebühren bleiben außen vor: Die fallen „so oder so“ an.