Heute kam eine Anfrage wegen eines Updates auf die Windows-Version von Tempus-Word herein. Eine Erinnerung an schöne Zeiten. Allerdings: Das ist schon lange her.
Tempus-Word war in den 1990ern das Textverarbeitungsprogramm auf ATARI-Computern. Diese waren in Deutschland in Büros sehr beliebt, da es dort eine grafische Oberfläche und leistungsfähige Geräte zu vergleichsweise günstigen Konditionen gab. Leider konnte die hinter Tempus-Word stehende Firma CCD den zu damaliger Zeit erheblichen Kompetenzvorsprung dieser Textverarbeitung nicht in eine andere Systemumgebung retten. Die angebotene Lösung via Gemulator durch das Tempus-Word Projekt ist eine Verlegenheitsoption. Damit ist nur eine eingeschränkte Interaktion mit der Windows-Umgebung möglich.
Bemerkenswerterweise wird Tempus-Word auch heute noch von diversen Anwendern benutzt, allen Widrigkeiten zum Trotz. Obwohl es schon seit rund 20 Jahren nicht mehr weiterentwickelt wurde, denn die Aktivitäten in den 2000-dern waren eher erforderliche Anpassungen zwecks Benutzbarkeit unter Windows und einer englische Version gewidmet. Wer das Produkt kennt, weiß, dass es trotz seines Alters in einigen Punkten aktuelle Produkte noch immer problemlos ausstechen kann. Das Hervorstechendste ist sicherlich die brutale Geschwindigkeit, mit der Autoren sich in großen Texten bewegen können. Die Windows-Version enthält verzögernde Zeitschleifen, damit das Programm innerhalb der Emulation(!) von GEM bedienbar ist, denn in Verbindung mit schnellen Prozessoren ist Tempus-Word zu schnell.
Bei aller Wehmut muss jedoch jedem klar sein: An diesem Ast wird wohl kein Blatt mehr ranken. Wobei das Programm als solches durchaus noch hervorragend verwendbar ist: Dieser Text ist mit Tempus-Word auf einem Windows 7x64-System entstanden. Ehrlicherweise stellt die Verwendung aber schon eine gewisse Perversion dar, wenn ich die schnelle Korrektur und Hilfefunktionen in Tempus-Word nutze und anschließend den Text über die Zwischenablage von Windows in ein anderes Programm einfüge. Dazu kommt natürlich noch das Mentaltraining, dass (nur ein Beispiel) die Navigation in sich öffnenden Dialogen in Tempus-Word mit der STRG
-Taste erfolgt, während Windows dafür die Alt
-Taste nutzt.
Allerdings werde ich diesen Ausflug in meine persönliche Geschichte wieder beenden, denn ich bin im hier und jetzt angekommen. Da passt Tempus-Word bei aller Liebe zum Produkt nicht mehr so richtig hinein. Denn es ist nur wenig zielführend, wenn ein Programm aufgrund spezieller Fähigkeiten (z.B. Fußnoten über mehrere Seiten, sehr flexible Seitengestaltung von geraden/ungeraden Seiten, u.a.) benutzt wird, diese aber nicht in die andere Welt übertragen werden können, weil es dort nur Produkte gibt, die mit diesen Fähigkeiten überfordert sind. Allerdings haben diese Programme im Gegenzug Fähigkeiten, die in Tempus-Word unbestreitbar fehlen, in meinem täglichen Anwendungsrahmen aber von mir gebraucht werden.
Mich würde interessieren, wie viele da draußen noch mit Tempus-Word unterwegs sind. Schreibt mir eure Geschichte!