Screenshot-Werkzeuge

Die von Techsmith angekündigten Änderungen des Angebotsmodells haben mich zu einer „Marktsichtung“ motiviert. Für das bisher von mir verwendete SnagIt! gibt es gute, sogar kostenfreie Alternativen.

Vorweg

Wer von SnagIt! kommend eine echte Alternative sucht, findet kaum konkurrenzfähige Mitbewerber. Eine hohe Anpassbarkeit, die Anzahl ausgefeilter Werkzeuge und diverse weitere Details, verschaffen dem Produkt definitiv Alleinstellungsmerkmale. Aber…

Wer sporadisch Screenshots macht, begnügt sich bei diesem Preis wahrscheinlich mit den bordeigene Funktion von Windows: Druck legt den Bildschirm, ALT DRUCK das aktuelle Fenster als Bild in die Zwischenablage. Die kann anschließend mit einem Grafikprogramm (z.B. Photoline) weiterverarbeitet werden.

Wer regelmäßig Screenshots macht und eine konsistente Darstellung von Zusätzen, wie Text, Pfeile, Nummerierungen, etc. haben möchte, wird unterstützende Werkzeuge bevorzugen. Ich habe mir viele angesehen. Für meine Anforderungen sind letztendlich die drei hier kurz beschriebenen Produkte übrig geblieben1.

Minimal-Anforderung

Mir sind folgende Funktionen wichtig:

• Frei wählbarer, rechteckiger Ausschnitt des Screenshots
• Erzeugen einer fortlaufenden Nummerierung
• Hervorhebungen (Pfeile, Rahmen, …)
• Verlustfreie Übergabe in die Zwischenablage für die Weiterverarbeitung
• Verwendbarkeit der DRUCK-Taste und Kombinationen davon für das Starten eines Screenshots2
• Keine erforderliche Internet-Verbindung zum Hersteller bei der Verwendung des Programms
• Eine deutschsprachige Programmoberfläche

Greenshot

🔍 Screenshot des Greenshot-Editors

Screenshot des Greenshot-Editors

Greenshot ist, was meine Minimal-Anforderungen betrifft, schon „drüber“. In einigen Punkten kann das Programm spannende Sachen:

• der Mauszeiger wird als bearbeitbares Objekt in den Screenshot übernommen. Er lässt sich deshalb problemlos skalieren, positionieren und entfernen.
• Die eingefügte Nummerierung kann mühelos neu durchnummeriert werden, wenn eine Position an beliebiger Stelle herausgenommen wird.
• Es können mehrere Ziele eines Screenshots gleichzeitig gewählt werden.
• Fenster können über einer Liste direkt zum fotografieren ausgewählt werden.
• Mit dem „Microsoft Office Plugin“ lässt sich ein Screenshot per Klick via OCR als Text in die Zwischenablage schieben.

Das Programm wird spendenbasiert entwickelt, es ist keine Lizenz erforderlich. Weshalb ein paar Wermutstropfen hinnehmbar sind:

• Die Oberfläche ist momentan „fix“ (auch in der vorzuziehenden „instabileren“ , aktuelleren Version). Auf einem 4k-Schirm werden die Funktionsleisten sportlich klein, der Inhalt einiger Dialoge abgeschnitten.
• Die Pflege erfolgt seit geraumer Zeit nur sehr langsam. Die Gründe werden von den Entwicklern in ihrem Blog transparent erläutert. Wann mit einer Anpassung für 4k-Monitore gerechnet werden kann, ist daher kaum absehbar.
• Es fehlt die Unterstützung für montierte Screenshots aus mehreren Einzelaufnahmen.
• Es können zwar alle Objekte zur späteren Wiederverwendung gespeichert werden. Doch das damit bearbeitet Bild mit den Objekten fehlt beim Laden.

Flameshot

🔍 Der Flameshot-Editor
Screenshot mit WIN G → Photoline erzeugt

Der Flameshot-Editor
Screenshot mit WIN G → Photoline erzeugt

Flameshot bietet eine direkte Editierfunktion in einem ausschließlich manuell bestimmbaren Ausschnitten an. Der Editor selbst ist ausgesprochen intuitiv bedienbar, die angebotenen Funktionen lassen sich in ihrer Wirkung (Strichstärke, Pixelgröße, …) mit dem Mausrad zügig einstellen. Es gibt noch ein „Seitenmenü“ am linken Bildschirmrand, das kontextbezogene Einstellungen und die Auswahl bereits erzeugter Objekte ermöglicht.

Genau genommen ist immer der gesamte Bildschirm editierbar. Objekte können problemlos außerhalb des gewählten Ausschnitts angelegt und bearbeitet werden. Der Ausschnitt kann während der Bearbeitung frei verändert und sogar vollständig neu erzeugt werden. Die bereits erzeugten Objekte bleiben dabei erhalten. Die Auswahl legt lediglich den Ausschnitt fest, der gespeichert oder in die Zwischenablage übernommen wird. Sehr schick ist der „automatische Pfeil“, der mit der Nummerierung erzeugt werden kann.

Flameshot wird bei GitHub gehostet. Dort ist nur eine eingeschränkte Aktivität im Projekt erkennbar, das letzte Release datiert auf Juni 2022.

Faststone Capture

🔍 Eine „spontane Komposition“ mit Faststone Capture

Eine „spontane Komposition“ mit Faststone Capture

Den (lizensierten) Faststone Image Viewer verwende ich bereits seit vielen Jahren. Im vor Jahren gezogenen direkten Vergleich, schnitt SnagIt! gegenüber Faststone Capture bei der Entscheidung für einen Lizenzkauf besser ab. Diese Entscheidung ist mit der vorliegenden Version kaum noch haltbar:

• Es gibt eine lebenslang gültige Benutzer-Lizenz für unter 20 $.
• Neben Screenshots wird auch ein solides Screenrecording angeboten, samt Webcameinblendung und Ausgabe im MPG4-Format unterstützt.
  Im Gegensatz zur Video-Funktionalität von SnagIt! können Ergänzungen (Pfeile, Texte, …) eingefügt werden.
• Ohne murren werden endlos lange Webseiten in ein Bild gepackt3.
• Bilder mit hinzugefügten Objekten können optional automatisch oder gezielt für eine erneute, spätere Nachbearbeitung in einem speziellen Format gespeichert werden.
• Es gibt nützliche Zusatzwerkzeuge (die Wesentlichen):
• Eine Pipette für die Aufnahme einer Farbe auf dem Bildschirm
• Ein Bildschirmlineal zum Messen von Längen und Winkeln
• Ein Fadenkreuz für den Cursor
• Eine Bildschirmvergrößerung, die dem Cursor folgt
• Direkte Texterkennung im gewählten Ausschnitt
• Es kann ein beliebig geformter Ausschnitt aufgenommen werden, womit sich sensible Bereiche direkt vom Screenshot ausnehmen lassen.
• Der Screenshot kann mit diversen Objekten versehen werden, u.a.
• verschiedene „grafische Klammern“ ①
• skalierbare Standardsymbole ②
• vektorbasierte Pfeile ③ für fetzige Hinweise
• verwischen/verpixeln direkt mit einer Färbung ④
• Transparenz-Funktion für den Hintergrund.
• Frei einstellbare Ziel-Programme zur Übergabe des Bildes.
• Kombination mehrerer einzelne Screenshots zu einem Bild.
  Die Arbeitsfläche erweitert sich wahlweise automatisch oder kann (im „Zeichenbrett“) für Einfügungen erweitert werden.
• Es ist ein frei einstellbarer FTP-Server möglich, mit dem sich Bilder in einen eigenen Webspace hochladen lassen.
• Bei den Speicher-Optionen lassen sich wesentliche Parameter des Formats einstellen und in einer Vorschau qualifizieren. Sehr cool.

🔍 Ein aus dem Programm-Fenster „herausgerissener“ Mittelteil? Kein Problem!

Ein aus dem Programm-Fenster „herausgerissener“ Mittelteil? Kein Problem!

Niemand muss eine „Katze im Sack“ kaufen:

Es gibt eine 30-Tage Testversion.

Fazit

• SnagIt! hat zwar Alleinstellungsmerkmale. Aufgrund der sich abzeichnenden „betriebswirtschaftlichen“ Änderungen sind diese durchaus entbehrlich.
• Mit den lizenzfreien4 Programmen Greenshot und Flameshot lassen sich bereits die meisten alltäglichen Anforderungen an Screenshots vollumfänglich erledigen.
• Faststone Capture präsentiert sich als ebenbürtiger Aspirant zur Ablösung von SnagIt!.
  Es werden zwar andere Schwerpunkte gesetzt. Für mich erscheinen diese zweckmäßiger und nützlicher, als tonnenweise nachladbare Bibliotheken oder „special effects“, die sich schnell abnutzen.
• Bedenkenswert ist darüber hinaus der Speicherbedarf.
  Während SnagIt! rund 1,5 GB auf der Festplatte beansprucht, begnügt sich Faststone Capture mit rund 31 MB. Greenshot kann selbst das noch toppen und benötigt keine 9 MB, bei Flameshot ist es vergleichbar wenig.